Die malolaktische Gärung (zusammengesetzt aus malum (lat. Apfel) und laktisch (lat. Milchsäure)) ist ein entscheidender Prozess in der Weinbereitung, der bei Rotweinen oft bewusst eingesetzt wird. Andere Bezeichnungen sind Biologischer Säureabbau (BSA), Bakterieller Äpfelsäureabbau, Milchsäuregärung oder Apfelmilchsäuregärung. Dieser Prozess, bei dem Milchsäurebakterien die scharfe Äpfelsäure in die mildere Milchsäure umwandeln, ist ein Schlüsselelement, das sowohl bei der Herstellung von Rotwein als auch von Weißwein, insbesondere von Chardonnay, eine wichtige Rolle spielt.
Nachdem die Hefe ihre Arbeit während der alkoholischen Gärung getan hat, setzt die malolaktische Gärung ein und wandelt das scharfe Säureprofil in ein reicheres und runderes Geschmackserlebnis um. Aus diesem Grund wird sie auch gerne als zweite Gärung bezeichnet. Während bei der alkoholischen Gärung Hefen, also Pilze, die Arbeit übernehmen, sind bei der malolaktischen Gärung (meist) Bakterien im Wein für den Prozess verantwortlich. Es handelt sich übrigens nicht um eine echte Gärung, sondern um eine sogenannte Decarboxylierung.
Was ist die malolaktische Gärung?
Die malolaktische Gärung, ein wesentlicher biochemischer Prozess bei der Weinbereitung, wandelt die in den Trauben natürlich vorkommende, eher aggressive Äpfelsäure (Dicarbonsäure Malat) in die geschmacklich mildere Milchsäure (Monocarbonsäure Lactat) zur Energiegewinnung um, wobei gleichzeitig Kohlendioxid freigesetzt wird. Dieser auch als biologischer Säureabbau bezeichnete Vorgang führt zu einer Umwandlung, die die sensorische Qualität des Weines maßgeblich beeinflusst. Dabei wird nur die Äpfelsäure, nicht aber die Weinsäure verstoffwechselt. Wie intensiv der »Säureabbau« stattfindet, hängt daher wesentlich vom Verhältnis von Äpfelsäure zu Weinsäure im vorliegenden Wein ab. Vor allem in warmen Jahrgängen verbleibt deutlich mehr Weinsäure und weniger Äpfelsäure in den Beeren, weshalb der Säureabbau hier deutlich geringer ausfällt. Als grober Richtwert kann gelten: Aus 2 Gramm Äpfelsäure entstehen während des BSA etwa 1-1,2 Gramm Milchsäure. Der Gesamtsäuregehalt des Weines nach Durchlaufen des BSA hängt also in erster Linie von der Intensität des BSA und dem Gehalt an Äpfelsäure im Wein ab.
Die Umwandlung erfolgt durch spezifische Milchsäurebakterien, hauptsächlich, aber nicht ausschließlich durch Oenococcus Oeni.
Obwohl die malolaktische Gärung spontan nach der alkoholischen Gärung ablaufen kann, wird sie in der modernen Weinbereitung meist gezielt vom Kellermeister eingeleitet, um optimale Ergebnisse zu erzielen.
⚠️ Gut zu wissen: Auch wenn umgangssprachlich gerne von Apfelsäure die Rede ist, spricht man bei Säuren korrekterweise im Plural, also von Äpfelsäure. In diesem Artikel werden beide Begriffe synonym verwendet.
Die Milchsäurebakterien
Wie bereits in der Einleitung erwähnt, wird die Säure im Wein (Äpfelsäure) durch bestimmte Milchsäurebakterien, vor allem aber durch das Bakterium Oenococcus oeni (alter Name: Leuconostoc oenos) zur Energiegewinnung verstoffwechselt, wobei als Nebenprodukte Milchsäure und Kohlensäure entstehen.
Die verantwortlichen Mikrooganismen
- Oenococcus oeni / Leuconostoc oenos (Hauptverantwortlich)
- Micrococcus malolacticus
- Lactobacillus plantarum
- Lactobacillus pediococcus
- Saccharomyces cerevisiae (Bierhefe / Backhefe)
Funktion und Einfluss der Malo auf den Wein
Bei Rotweinen ist die malolaktische Gärung im Allgemeinen erwünscht, da sie die kantige Säure abrundet und dem Wein eine weichere, samtigere Textur verleiht. Bei Weißweinen führt die malolaktische Gärung jedoch schnell zu einem Verlust an Spritzigkeit und Frische. Stattdessen kann eine buttrige Note auftreten, die auf das entstehende Diacetyl zurückzuführen ist, eine Verbindung, die auch in bestimmten Biersorten vorkommt.
In einigen Fällen, wie bei Chardonnay oder Pinot Blanc, ist dieser Effekt jedoch durchaus erwünscht und wird bewusst eingesetzt. Vor allem Chardonnays, die im Holzfass ausgebaut wurden, profitieren von einem leichten Butterton. In der Schweiz beispielsweise ist der BSA bei Weißweinen verschiedener Rebsorten die Regel. In Deutschland hingegen, vor allem beim Riesling, wird dieses Verfahren oft vermieden. Um einen unerwünschten BSA zu vermeiden, wird der Wein rechtzeitig filtriert oder zur Stabilisierung mit Sulfiten behandelt.
Chancen und Gefahren durch biologischen Säureabbau
Wie bereits erwähnt, profitieren nicht alle Weine von der malolaktischen Gärung. Die Entscheidung für oder gegen dieses Verfahren hängt von mehreren Faktoren ab.
So ist der biologische Säureabbau bei Rotweinen fast immer erwünscht, da sich die Härte der Äpfelsäure nicht gut mit den Gerbstoffen der Traubenschalen (Tannine) verträgt. Durch den Säureabbau erhalten die Weine deutlich mehr Fülle. Ein weiterer Vorteil ist, dass sie durch den Gärprozess eine höhere mikrobiologische Stabilität aufweisen, so dass deutlich weniger oder gar nicht geschwefelt werden muss.
Bei Weißweinen ist der BSA ein Ritt auf der Rasierklinge und nur für Weine geeignet, die sich nicht durch ihre primären Fruchtaromen auszeichnen. Sorten, die von diesem Verfahren profitieren, sind vor allem Chardonnay und Pinot Blanc. Vor allem, wenn sie im Holz ausgebaut wurden.
Bei fruchtbetonten Sorten wie dem Riesling sind die Effekte jedoch unerwünscht, da diese Sorten von ihrer straffen Säure und den ausgeprägten Fruchtaromen leben, die hier verloren gehen oder abgeschwächt werden. Tatsächlich setzen einige Winzer die BSA aber auch bei Sorten ein, die sich auf den ersten Blick weniger dafür eignen. Meist werden nur ein oder wenige Fässer für den Säureabbau ausgewählt und später mit dem nicht milchsauer vergorenen Wein verschnitten.
Bei hohen Restzuckergehalten in den Weinen vor dem Durchlaufen des BSA besteht die Gefahr, dass der enthaltene Zucker* in Essigsäure umgewandelt wird und der Wein einen Essigstich aufweist. Ein zu hoher pH-Wert des Mostes ist ebenfalls problematisch, da er die Gefahr eines zu hohen Diacetylgehalts erhöht, was zu einem unerwünschten Joghurtton führt.
Naturweine und BSA: Ein Drahtseilakt
Bei Naturweinen spielt die malolaktische Gärung eine ausgeprägte Rolle. Bei Weißweinen ist sie eher die Regel als die gezielt eingesetzte Ausnahme – mit den entsprechenden Risiken. Denn was als gezielte Maßnahme einen Wein runder, komplexer und harmonischer macht, kann unkontrolliert schnell in einem sensorischen Debakel enden.
So überdeckt ein übertriebener biologischer Säureabbau die feinen Fruchtnoten eines Weines und erzeugt Fehltöne, die nicht selten als »besondere Charakteristik« besagter Naturweine verkauft werden. Wenn es der Winzer zu weit treibt und der Milchsäuregehalt ein gewisses Maß überschreitet, kann man in der Nase deutliche Aromen von Joghurt, Buttermilch, frischem Quark oder im Extremfall sogar Sauerkraut wahrnehmen – ein klares Indiz für einen Milchsäurestich (Weinfehler).
Die Rolle des BSA: Säuremodulation in der Hand des Winzers
Die malolaktische Gärung ist ein wesentlicher Bestandteil des Weinherstellungsprozesses und spielt eine entscheidende Rolle für die geschmacklichen Qualitäten der meisten Rotweine, wird aber auch bei einigen Weißweinen eingesetzt, um ein runderes und volleres Mundgefühl zu erzielen. Obwohl sie im Hintergrund arbeitet, hat sie einen großen Einfluss auf das Endergebnis und die sensorischen Qualitäten des Weins. Richtig und in Maßen eingesetzt, rundet sie den Wein ab und verbessert seine Qualität. Bei unüberlegter, ungewollter oder übertriebener Anwendung führt sie jedoch zu fehlerhaften Weinen, die in der Nase an Sauerkraut oder Essig erinnern können.