Zu kalter Rotwein schmeckt belanglos und Weißwein, der zu lange im Warmen stand, bereitet kein spritziges Vergnügen mehr. Wie ein Wein schmeckt, hängt demnach von der Temperatur ab. Daher gibt es einige Regeln zu beachten, um die aromatischen Spitzen aus Deinem Wein rauszuholen.
Mit einer falschen Trinktemperatur kannst Du jeden Rotwein oder Weißwein ruinieren und Dir Dein Genusserlebnis vermiesen. In unserem Beitrag erläutern wir Dir die richtigen Trinktemperaturen für die unterschiedlichen Weinstile, welche temperaturabhängige Inhaltsstoffe es gibt und wie sich Weine auf ihre optimale Temperatur bringen lassen. Zudem geben wir Dir Tipps mit auf dem Weg, wie Du selbst den geschmacklichen Unterschied entdecken kannst, wenn Dein Wein falsch temperiert ist. Danach weißt Du genau, was Du tun musst, um Deinen Wein richtig zu genießen.
Alkohol, Säure & Aromen: Die richtige Trinktemperatur finden
Ein Wein enthält drei wichtige, temperaturabhängige Inhaltsstoffe: Alkohol, Säure und Aromen. An diesen wichtigen Inhaltsstoffen lässt sich der Einfluss der Temperatur sehr gut verstehen und die Bedeutung für den Genuss von Weinen ableiten.
Der Alkohol im Wein sorgt nicht nur für die gute Laune, sondern ist auch ein wichtiger Geschmacksträger für seine Aromen. Bei steigender Temperatur tritt der Alkohol immer mehr in den Vordergrund. Wuchtige Rotweine können das gut vertragen, während filigrane Weißweine schon bei niedrigeren Temperaturen vom Alkohol dominiert werden.
Je kühler der Wein, desto mehr tritt die Säure in den Vordergrund. Wenn die Säure eines Weißweines Dich erfrischen soll, ist es empfehlenswert, den Wein kühler zu trinken. Ähnlich verhält es sich mit dem Tannin im Rotwein. Wärmere Rotweine werden als weicher empfunden. Bei kühleren Trinktemperaturen kommen die Gerbstoffe mehr zum Tragen.
Duft und Geschmack ergeben sich aus den Aromaverbindungen des Weins und sind extrem temperaturabhängig. Weißwein besitzt viele flüchtige Aromen und muss deshalb gut gekühlt serviert werden. Damit sich jedoch die trägen Aromen im Rotwein entfalten können, benötigt es höhere Temperaturen.
Wie Du erkennen kannst, ist die Bestimmung der richtigen Trinktemperatur eine Balance aus Säure, Alkohol, flüchtigen Aromen und Gerbstoffen. Das Ziel ist, ein bestmögliches Zusammenspiel der einzelnen Komponenten zu erreichen.
Ideale Trinktemperaturen für Weißweine
Weißweine, Schaumweine und Roséweine werden grundsätzlich gut gekühlt getrunken. Junge, leichte und fruchtige Weißweine vertragen dabei weniger Wärme als ältere, trockenere Weißweine. Werden sie allerdings zu kalt serviert, entfalten sich ihre Aromen nicht vollständig. Dann präsentieren sie sich geschmacklich eher säurebetont und von ihren Aromen kannst Du nur einen Bruchteil wahrnehmen. Bei einer Temperatur zwischen 9 und 11 °C schmecken trockene, junge Weißweine am besten.
Sauvignon Blanc, Riesling und andere aromatische Weißweinsorten vertragen Temperaturen von 11 bis 13 °C. Das Gleiche gilt für Weißweine, die schon 5 Jahre oder mehr gereift sind.
Dagegen schmecken Weißweine mit viel Restsüße und halbtrockene Weißweine erst bei einer Temperatur zwischen 12 und 14 °C erst richtig gut. Bei höheren Temperaturen verlieren Weißweine ihre Eleganz und schmecken eher scharf und teilweise bitter.
Champagner*, Prosecco* und alle anderen Schaumweine sorgen erst bei viel niedrigeren Temperaturen für ein prickelndes Vergnügen. Sie sollten bei einer Temperatur von 6 bis 8 °C getrunken werden.
Ideale Trinktemperaturen für Rotweine
Eine alte Faustregel besagt, dass Rotweine bei Zimmertemperaturen zu servieren sind. Diese Regel stammt aus dem 18. Jahrhundert, als Wohnungen noch nicht über eine Heizung verfügten. Sprach man damals von Zimmertemperatur, meinte man einen Bereich zwischen 16 und 18 °C. Heute liegen die Zimmertemperaturen auch im Winter meist bei über 20 °Celsius.
Schwere und teure Rotweine solltest Du bei einer Weintemperatur von 16 bis 18 °C genießen. Das Bukett von einem alltäglichen, gehaltvollen Rotwein kommt am besten bei Temperaturen zwischen 15 und 18 °C zur Geltung. Junge und fruchtige Rotweine genießt Du am besten bei 12 bis 14 °C.
Eine Trinktemperatur über 20 °C solltest Du bei Rotweinen unbedingt vermeiden.
Um den großen Unterschied zwischen einem richtig temperierten und einem zu warmen Rotwein zu schmecken, kannst Du einmal Folgendes ausprobieren:
Schenke einen schweren Rotwein mit der richtigen Trinktemperatur von circa 18 °C in zwei Gläser. Eines der Gläser erwärmst Du im Wasserbad auf 23 °C. Anschließend probierst Du den Wein aus beiden Gläsern. Beginne mit dem richtig temperierten Wein. Du wirst feststellen, dass Du den warmen Wein bereits in der Nase als »stechend« empfindest. Durch die höhere Temperatur verdunstet der Alkohol im Wein nämlich deutlich schneller und begräbt die feinen Aromen unter sich.
Um die Unterschiede in Verbindung mit einer Mahlzeit festzustellen, kannst Du Dir noch ein saftiges Steak zubereiten und den beschriebenen Versuch wiederholen. Der wohltemperierte Rotwein schmeckt tausendmal besser zum Fleisch, zum Beispiel zum Lamm. Darüber hinaus unterstreicht er den Geschmack des Fleisches – sofern Du den richtigen Wein zum Gericht gewählt hast.
Die richtigen Trinktemperaturen im Überblick
Weinart | Temperatur |
Schaumwein | 6 bis 8 °C |
junger, leichter Weißwein | 8 bis 10 °C |
junger, trockener Weißwein | 9 bis 11 °C |
aromatischer, würziger sowie reifer Weißwein | 11 bis 13 °C |
halbtrockener Weißwein | 12 bis 14 °C |
Weißwein mit viel Restsüße | 12 bis 14 °C |
junger fruchtiger Rotwein | 12 bis 14 °C |
kräftige, gehaltvolle Rotweine | 15 bis 18 °C |
schwere, teure Rotweine | 18 °C |
Manche Erzeuger – vor allem bei Weinen aus dem Discounter – haben auf ihrem Flaschenetikett vermerkt, bei welcher Temperatur ihr Wein am besten zu genießen ist. Diese Angaben können von den allgemeingültigen Regeln abweichen. Allerdings handelt es sich hierbei eher um Richtwerte.
Wie Du die Temperatur eines Weins richtig misst
Die Temperatur eines Weines kannst Du mit einem klassischen Weinthermometer messen. Dazu steckst Du es in die geöffnete Flasche und liest nach kurzer Zeit die Temperatur ab.
Ebenso kannst Du die Temperatur mit einem sogenannten Streifenthermometer für Flaschen messen. Das Thermometer ist ähnlich wie eine Manschette aufgebaut. Diese legst Du einfach um den Bauch der Flasche. Nach einigen Minuten kannst Du die Temperatur ablesen. Allerdings sind diese Thermometer etwas ungenauer und weichen um einige Grad ab. Dafür ist die Messung unkompliziert und einfach, da Du nicht ständig das Thermometer entfernen musst. Außerdem siehst Du direkt, wenn Dein Wein zu warm wird.
Wie Du Wein auf die richtige Trinktemperatur bringst und hältst
Wein solltest Du immer lieber kühler als zu warm servieren, da sich der Wein bereits beim Einschenken ins Glas erwärmt. Je nach Umgebungstemperatur kann sich seine Temperatur dabei um bis zu 2 °C erhöhen. Im Glas selbst erhöht sich die Temperatur um rund 1 °C alle fünf Minuten. Je nach Umgebungstemperatur und Füllmenge, kann dieser Wert natürlich variieren.
Um eine schnelle Erwärmung Deines Weines zu verhindern, kannst Du also Deine Weingläser vor dem Servieren kühlen oder den Wein einfach kälter servieren. Warm wird er von ganz alleine.
Weingläser richtig halten
Auch die verwendeten Weingläser haben einen Einfluss auf die Temperatur des Weins. Weingläser mit langen Stielen verhindern, dass Du die Temperatur des Weins durch Deine Körperwärme erhöhst. Deshalb: Weingläser mit Stiel nicht am Kelch anfassen. Das sieht nicht nur besser aus, sondern macht tatsächlich Sinn. Weingläser ohne Stiel werden immer beliebter und sind vor allem unterwegs äußerst praktisch. Diese solltest Du immer oberhalb des Weines anfassen.
Sanftes Wasserbad für Rotweine
Wenn sich spontaner Besuch ankündigt, und Du Deinen (noch) eiskalten Rotwein servieren willst, kannst Du die Flasche mit einem Wasserbad auf die richtige Temperatur bringen. Willst Du so einen circa 10 °C kühlen Wein auf eine Trinktemperatur von 15 °C bringen, solltest Du 20 °C warmes Wasser verwenden. Rein mit der Flasche ins Wasserbad, acht bis zehn Minuten warten – fertig. An der offenen Luft (ebenfalls 20 °C) bräuchte Dein Wein dafür etwa zwei Stunden, um die richtige Temperatur anzunehmen. Wenn Dein Besuch nicht gerade die halbe Republik durchreist, um auf ein Glas Wein vorbeizuschauen, solltest Du die Wasserbadmethode vorziehen.
Kühlmanschetten: Günstig. Einfach. Effektiv!
Es kommt wie es kommen muss und Dein Besuch möchte doch lieber Weißwein, den Du natürlich gerade nicht gekühlt hast. Was jetzt? Willst Du Weißwein effektiv kühlen, empfiehlt es sich, immer ein paar Kühlmanschetten im Eisfach zu lagern. Die Manschetten sind günstig, effektiv und denkbar einfach in der Anwendung. Nimm eine aus Deinem Eisfach, zieh sie über die Flasche und nach fünf bis zehn Minuten hat Dein Wein die richtige Temperatur. Kleiner Tipp: Die Flasche öfters mal auf den Kopf drehen, damit sich die Temperatur gleichmäßig in der Flasche verteilt.
Eis + Salz: Arktische Kühlung mit einer Kältemischung
Legst Du mehr Wert auf Style, greifst Du besser zum Champagnerkühler. Mithilfe von Speisesalz*, Eis, einer Küchenwaage und etwas Physik bringst Du Deinen Wein rasend schnell auf die richtige Temperatur. Am besten gelingt das Vorhaben mit zerkleinertem Eis (Crushed Ice). Für die ultimative Kühlung reicht es aber nicht, den Kübel einfach mit Eis zu befüllen und etwas Salz* darüber zu streuen. Für Deine arktische Kältemischung musst Du auf das richtige Mischungsverhältnis achten.
Stell den Champagnerkühler auf Deine Küchenwaage und drücke die Tara-Taste. Jetzt gibst Du eine dünne Schicht Crushed Ice hinein. Anschließend gibst Du pro 100g Eis 33g Speisesalz* dazu. Wiederhole den Vorgang so lange, bis Du die Flasche kopfüber(!) hineinstellen kannst. Danach füllst Du den Kübel mit der Flasche weiter mit Eis und Salz auf, bis nur noch rund zehn Zentimeter des Flaschenbodens hinausragen. Beachte dabei immer das richtige Mischungsverhältnis von Eis und Salz.
Mit der Kältemischung auf -21 °C
Die hergestellte Mischung ist eine Kältemischung und kann bis fast -21°C abkühlen – ganz von allein. Wie das geht? Wir wollen jetzt nicht zu tief in die Materie einsteigen, daher nur eine kurze Erklärung: Das Salz schmilzt das Eis und setzt gleichzeitig den Gefrierpunkt des Wassers herunter. Das Schmelzen des Eises erfordert eine Menge Energie. Physikalisch betrachtet ist Wärme eine Form von Energie. Deine warme Weinflasche ist somit eine wunderbare »Energiequelle«. Das Kältegemisch entzieht der Flasche und der Umgebung die Energie in Form von Wärme und kühlt sie damit ab. Denn Kälte ist nur die Abwesenheit von Wärme, um noch mal auf die Physik zu kommen.
Wenn Du auf uns gehört hast und die Flasche kopfüber in den Kübel gegeben hast, kannst Du sie nach rund fünf Minuten herausziehen und kurz umdrehen – wie schon bei den Kältemanschetten erklärt. Danach kannst Du sie wieder ins Eis stecken. Jetzt zeigt sich auch, warum Du die Flasche kopfüber ins Eis stecken solltest. Deine Kältelösung hat sich in einen harten Eisblock verwandelt und Du würdest die Flasche nur mit schwerem Gerät aus dem Eis befreien können.
Hat Dein Wein seine Trinktemperatur erreicht, solltest Du ihn lieber nicht wieder in die Mischung legen. Es besteht die Gefahr, dass der Wein gefriert und Dir (und Deinen Gästen) die Flasche um die Ohren fliegt. Cheers!
Weinkühlschrank: Immer auf der richtigen Temperatur
Wenn Dir die oben genannten Möglichkeiten zu stressig sind oder Du stets mehr als 20 bis 30 Flaschen Wein im Haus hast, ist ein Weinkühlschrank eine praktische Investition. Mit einem solchen Gerät hältst Du nicht nur Deine Lieblingsweine stets auf Trinktemperatur und bist für spontanen Besuch gerüstet. Du sorgst ebenfalls dafür, dass Deine edlen Tropfen sich in der Flasche weiterentwickeln und reifen können. Mehr über Weinkühlschränke und ob Du wirklich einen benötigst, erfährst Du hier.
Trinktemperatur und äußere Umstände
Neben den bereits angesprochenen Faktoren gibt es noch ein paar weitere, die die richtige Trinktemperatur von Wein beeinflussen. Wusstest Du, dass Du morgens mehr schmeckst als abends und dass es einen Unterschied macht, ob Du einen Rotwein im Sommer oder Winter trinkst?
Trinktemperatur über den Tag: Morgens kälter, abends wärmer
Am wachsten ist man kurz nach dem Aufstehen. Frisch und erholt strotzt unser Körper vor Energie, die er im Laufe des Tages aufbraucht. Das gilt auch für Deine Geruchs- und Geschmacksnerven. Am Morgen sind diese deutlich empfindlicher als am Abend. Aus diesem Grund verkosten viele Profis Weine in den Morgenstunden.
Ein Frühstückswein sollte daher ein bis zwei Grad kühler serviert werden als der Wein am Abend. Man könnte auch sagen: Wir müssen die Temperatur des Weines unserer Leistungsfähigkeit anpassen. Versuche es einfach mal selbst.
Sommer oder Winter? Für die Trinktemperatur entscheidend
Bei sommerlichen Temperaturen auf der Terrasse sitzen und ein schönes Glas Wein genießen – wunderbar! Bei hohen Außentemperaturen solltest Du Wein jedoch immer kälter servieren als üblich. Vor allem Rotweintrinker kennen das Problem: Eigentlich richtig temperierter Wein bei 18 °C schmeckt bei Hitze einfach nicht. Also kurz in den Kühlschrank damit.
Wer im Winter im Freien Sekt oder Champagner* bei 5 °C probiert, wird wenig schmecken. Vor allem Weiß- und Schaumweine müssen hier teilweise deutlich wärmer serviert werden als unter »normalen« Umständen. Den Effekt kannst Du super mit Speiseeis beobachten. Kalt schmeckt es hervorragend. Lässt Du es aber schmelzen und probierst die warme Flüssigkeit, schmeckt es extrem penetrant. Es ist speziell auf den Verzehr als gefrorenes Produkt abgeschmeckt und warm deutlich intensiver.
Die richtige Trinktemperatur: Immer cool bleiben
Auch wenn man aus der richtigen Serviertemperatur für Wein eine Wissenschaft machen kann, solltest Du Dich nicht davon abschrecken lassen. Schmeckt Dir der Wein lieber ein paar Grad kühler oder wärmer, ist das absolut in Ordnung. Wein ist und bleibt ein Genussmittel und wie Du ihn am meisten genießt, kannst nur Du selbst bestimmen. Die richtige Trinktemperatur ist von so vielen Faktoren abhängig und wer hat schon Lust, immer zum Thermometer zu greifen? Eben! Wenn wir Dir eines mit auf den Weg geben können, dann: Rotweine werden heute meistens zu warm getrunken und Weißweine zu kalt serviert.
Und jetzt schnapp Dir eine Flasche von Deinem Lieblingswein und gönne Dir etwas Entspannung. Nach so einem langen Artikel hast Du es Dir wahrhaft verdient.
Bildquelle Titelbild: ©Kelsey Chance – unsplash.com